Clerical Medical – Bundesgerichtshof entscheidet zugunsten der Anleger

von Dr. Christian Naundorf

Eine „bewährte“ Strategie der Finanzindustrie vor Gericht ist naturgemäß das „Aussitzen“. Während es einem Unternehmen mit seinen wechselnden Mitarbeitern eher egal sein kann, ob ein Rechtsstreit drei oder sieben oder neun Jahre dauert, wird die „Naturalpartei“ – spöttisch-liebevoller Begriff der Justiz für Menschen, die selbst Partei sind und nicht bloß deren „Vertreter“, und versicherte Person eines Lebensversicherungsvertrages ist nun einmal stets ein Mensch – älter, kränker, schläft schlecht, braucht das Geld dringend, zeigt Nerven, will endlich dass es vorbei ist ... Aber in einer Konstellation sind die Anbieter ganz schnell dabei mit Prozess-Beendigen: wenn eine Grundsatzentscheidung zu ihren Lasten droht. Da wird verglichen, anerkannt, zurückgenommen was das Zeug hält, nach glaubhaften Berichten aus Karlsruhe bis hin zu unter der Tür des Beratungszimmers durchgeschobenen Prozesserklärungen der Versicherung. Irgendwann drohte sogar der Gesetzgeber zu intervenieren (vgl. dazu meine Veröffentlichung → Rechtsvereinheitlichung als Ziel der Revision.), selbst die Tagespresse machte sich über die Vermeidungsstrategie lustig, es wurde peinlich.

Und so kam der 11. Juli 2012: Fünf Revisionsverhandlungen vor dem Versicherungssenat über Schadenersatz- und Erfüllungsklagen gegen den britischen Versicherer, die – Jahre nach Beginn der gerichtlichen Auseinandersetzungen in Deutschland und nach einer Vielzahl vergeblicher „Anläufe“ des Gerichtes, s. o., die anstehenden Fragen entscheiden zu „dürfen“ – tatsächlich stattfanden.

Dr. Naundorf war natürlich dabei und berichtet über Hergang und Ergebnis des Verhandlungstages. Die Zusammenfassung: „Den Paukenschlag hat man noch bis London gehört.“

Naundorf, Dr. Christian: Clerical Medical – Bundesgerichtshof entscheidet zugunsten der Anleger. Anlegerschutzbrief (ASB) 3/2012, S. 22 f.

Nachtrag: Im nächsten Jahres-Geschäftsbericht war sodann zu lesen, dass aufgrund der – natürlich als völlig unverständlich und grob falsch bezeichneten – höchstrichterlichen Urteile aus Deutschland die Kleinigkeit von 325 Mio. Pfund in die (Prozess-)Rücklagen eingestellt wurde. Ein Jahr später wurde sie nochmals um 75 Mio. Pfund erhöht.

Nicht alles, aber doch ein beträchtlicher Teil davon kam den Mandanten von Schirp Neusel & Partner Rechtsanwälten mbB zugute. Denn endlich hatten dann auch die „Instanzgerichte“ einmal ein Einsehen, und schließlich und endlich sogar – in den meisten Fällen – die Versicherung selbst.

Gern berate ich auch Sie, sollten Sie Policen dieses oder eines anderen Anbieters angelsächsischen Typs (z. B. „Standard Life“, „Canada Life“ oder „Royal London“) oder auch eine „stinknormale“ deutsche Lebensversicherung innehalten. Es ist nicht alles faul – aber ein genauer Blick lohnt sich fast immer. Vgl. zu Details auch --> Zum Stand der Auseinandersetzung mit Clerical Medical.